Im Tonstudio (offensichtlich): Dennis Ehrhardt, vorn im Bild, und Sebastian Breidbach beim Signieren von "Sinclair - Dead Zone".
Im Tonstudio (offensichtlich): Dennis Ehrhardt, vorn im Bild, und Sebastian Breidbach beim Signieren von "Sinclair - Dead Zone". © TOR ONLINE

Ein Interview mit Dennis Ehrhardt und Sebastian Breidbach, den Machern von "SINCLAIR: Underworld"

Hallo Dennis, hallo Sebastian! Danke, dass ihr euch Zeit für dieses Interview nehmt.

Erzählt doch bitte noch einmal kurz, wie es zu der Idee kam, mit SINCLAIR eine düstere und modernere Neuinterpretation der JOHN SINCLAIR-Serie zu entwickeln!

Sebastian: Die Idee entstammt einer der zahlreichen Telefonbesprechungen, die wir regelmäßig zu den John-Sinclair-Hörspielen führen und in denen wir oft herumspinnen, in welche Richtung es mit der Entwicklung der Figuren oder der Handlung eigentlich mal gehen müsste. Was wir persönlich spannend fänden. Meist nur im Spaß, denn die Serie ist durch die Romanvorlagen natürlich in ihrer Handlung festgelegt und der Spielraum für Veränderungen ist begrenzt. Irgendwann während eines solchen Telefonats haben wir dann spontan gesagt: Hey, lass uns das doch mal machen und aus diesen ganzen Ideen eine eigene Sinclair-Geschichte konstruieren, die zwar Elemente und Figuren aus der Originalserie enthält, diese aber uminterpretiert und völlig neu erzählt.

Dennis: Diese grobe Ideensammlung haben wir dann Marc Sieper, dem damaligen Leiter von Lübbe Audio, präsentiert, und er hat zugestimmt, den Versuch zu wagen. Uns schwebte dabei zunächst eine „Sinclair-Mini-Serie“ vor, aber schon bald zeichnete sich ab, dass mehr daraus werden würde: eine fortlaufende Serie mit stark folgenübergreifender Handlung. Daher auch die Aufteilung in Staffeln, die sich an der Entwicklung aktueller TV-Serien orientiert. Die Bezeichnung Neuinterpretation beschreibt das Projekt aus unserer Sicht sehr gut, vielleicht sogar besser als Reboot, denn wir haben hier eben etwas komplett Neues geschaffen.

Wie sieht die Arbeitsaufteilung zwischen euch beiden im Vergleich zu der Hauptserie aus?

Dennis: Bei der Originalserie arbeiten wir so, dass ich die Hörspielskripte verfasse und bei den Sprachaufnahmen Regie führe und anschließend Sebastian die akustische Umsetzung mit Schnitt, Geräuschen, Musik und Mischung übernimmt.

Sebastian: Bei SINCLAIR haben wir diese Aufteilung dahingehend aufgebrochen, dass wir gemeinsam die Geschichte der Serie entwickeln und jeder bei der Umsetzung als Buch wie auch als Hörspiel seine Vorstellungen in die Arbeitsprozesse eingebracht hat. Die inhaltliche Zusammenarbeit ist insgesamt wesentlich intensiver als bei der Hörspielumsetzung der Originalserie, bei der jeder von uns beiden mehr oder weniger isoliert sein Handwerk ausübt.

Als die erste Staffel veröffentlicht wurde, habt ihr berichtet, dass die Manuskriptarbeit zu „Dead Zone“ ein wechselseitiger Prozess mit vielen Überarbeitungen war. Wie war es, mit „Underworld“ zu der Arbeit an der Story zurückzukehren?

Dennis: Es war natürlich toll, sich wieder zusammenzusetzen und die Handlung der Serie endlich weiterzuspinnen.

Sebastian: Da wir den Grundplot der Serie ja damals schon grob bis zum Ende durchgeplant hatten, konnten wir natürlich auf die Aufzeichnungen zurückgreifen und damit weiterarbeiten. Was wir beide wieder völlig unterschätzt haben, ist unser Hang zur Detailverliebtheit. Die Ausarbeitung der konkreten Handlung und die Weiterentwicklung der Figuren haben uns vielleicht noch einmal mehr Zeit gekostet als bei der ersten Staffel.

SINCLAIR begeistert durch die Charaktertiefe der Figuren und, wie ihr eben schon ausgeführt habt, den stark verschachtelten Plot. Was davon hat euch am meisten Zeit gekostet?

Dennis: Figuren und Plot kann man bei Genreliteratur wie SINCLAIR nicht trennen. Sie bedingen einander, denn die Handlung kann ja nur vorangetrieben werden, wenn Sinclair oder Shao etwas tun. Und andersherum verändern sich die Charaktere durch das, was sie im Laufe der Geschichte erleben. In der zweiten Staffel ist das beste Beispiel dafür vielleicht der Reporter Bill Conolly, der herausgefordert wird, sich seiner Kokainsucht zu stellen – und natürlich den Monstern, die ihn belauern. :-)

Sebastian: Wir hoffen, dass der verschachtelte Plot neugierig macht und die Leser und Hörer packt. Es kostet viel Zeit, diese Verschachtelung zu konstruieren, ohne selbst den Überblick zu verlieren. :-) Für uns ist natürlich klar, wie alles „hinter den Kulissen“ zusammenhängt, aber wir wollen das ja nicht innerhalb weniger Folgen offenbaren, sondern geben der Geschichte Zeit für das Erzählen, die Details der Figuren, Orte, Stimmungen. Wir finden, das bietet einen interessanten Kontrast zur ursprünglichen Serie, die ja oft vergleichsweise schnell und manchmal sogar actionbetont daherkommt. Im Gesamtuniversum ergänzen sich aus unserer Sicht JOHN SINCLAIR und SINCLAIR dadurch sehr gut.

In der ersten Staffel hat John durch seinen vermeintlichen Tod relativ wenig Raum bekommen. Jetzt ist er zurück, hat aber zwei Wochen unter dem Einfluss des geheimnisvollen Würfels verbracht. Was für ein Mensch ist der John Sinclair der zweiten Staffel „SINCLAIR Underworld“ im Vergleich zu dem John, den wir aus der Originalserie kennen?

Sebastian: Na ja, John war in unserer neuen Serie bisher ein ganz normaler Polizist ...

Dennis: ... oder um es mit seinen eigenen Worten zu sagen: Detective Inspector John Sinclair, Mitglied der Mordkommission auf dem Revier Forest Gate in Newham. 34 Jahre, schlank, sportlich, keine nennenswerten Hobbys.

Sebastian: Und jetzt wurde er – wie die anderen Figuren ja auch – in Staffel 1 völlig überraschend mit dem Übersinnlichen konfrontiert. Noch kann er die Erlebnisse überhaupt nicht einordnen, auch weil er die Erinnerung daran verloren hat, was in den zwei Wochen zwischen seinem Tod auf der Baltimore und seinem Wiederauftauchen in der Abtei St. Lesnes geschehen ist.

Dennis: Ich würde sagen, John ist ein Suchender, er ist in sich gekehrt und verschlossen, mehr noch als vor seinem „Tod“, dieser Charakterzug ist wohl der größte Unterschied zum John der Originalserie.

Das Ende der ersten Staffel hat viele Fragen offengelassen. Können John Sinclair und Sadako Shao in „SINCLAIR Underworld“ einige davon aufklären?

Sebastian: Es ist ein Teil des Serienkonzeptes, Fragen aufzuwerfen, mit Cliffhangern zu arbeiten und den Hörer manchmal etwas ratlos zurückzulassen. Es ist eben eine Serie, auf die man sich ein bisschen einlassen muss und die nicht nach jeder Folge restlos alles beantwortet, was passiert ist. Nach und nach lüften sich bestimmte Geheimnisse und Handlungsfäden werden miteinander verknüpft.

Dennis: Am Ende der zweiten Staffel wird vieles bereits klarer erscheinen, und auch der Titel der ersten Staffel „Dead Zone“ erklärt sich. Ein paar Rätsel werden aber weiterhin bestehen. Wir wollen ja die Spannung halten ...

Vielen Dank für das interessante Interview!
Die John Sinclair-Crew

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